Meer. Sonne, Steinstrand, Bötchen - ich sitze in einem kleinen Café am Hafen: mir gegenüber sitzt Mick. ein ca. dreißigjähriger Deutscher, der hier seit einiger Zeit lebt. arbeitet, Cannabis raucht und mir ein paar neugierige Fragen beantworten möchte. Um uns herum sind nur Spanier, keine deutschen Touriste und so hoffe ich, ganz ungestört mit ihm sprechen zu können.
Wie ich hörte, lebst du nun schon seit ein paar Jahren auf dieser wunderschönen Insel — was genau machst du eigentlich hier?
Ja, hier ist es echt schön, was? Ich bin jetzt seit über drei Jahren hier und arbeite auf einem Hochplateau in einem Fruchtgarten. Ich wälze Kompost, ernte Früchte und Gemüse und packe ab für unseren Verkaufsstand auf dem regionalen Markt.
Dann kennst du dich also gut mit dem Anbau von Pflanzen aus? Hast du vielleicht sogar irgendwo ein paar eigene Cannabispflanzen herumzustehen?
(Mick lacht) Ja, klar. Die letzten Jahre schon. Wir haben ja hier ein sehr niederschlagsarmes und mildes Klima. Aber nachdem es hier in dieser Gegend fast zwei Jahre gar nicht geregnet hat, haben letztes Jahr heftige Regenfälle die ganze Anbausituation bei mir verändert. Dabei ist eine ganze Menge Erde weggespült worden und das Wasser war verkeimt. Ich warte jetzt noch eine Weile, bis alles wieder abgetrocknet ist, und dann muss ich das Feld mit größeren Steinen gegen einen erneuten Erdrutsch absichern. Bis dahin kaufe ich eben von anderen.
Hast du eine gute Connection auf der Insel?
Klar, schließlich kommt der ganze Shit von Marokko durch Spanien nach Europa. Das ist quasi das Tor nach Europa.
Ich wollt eher wissen, wie das hier konkret abläuft, wenn man mal etwas Cannabis kaufen will — gibt es z. B. bestimmte Treffpunkte oder spezielle Wochentage?
Ach so — also, ich bin da nicht so tief in den Verkauf verwickelt. Ich kenne gewisse deutsche Leute, die regelmäßig gutes Gras verkaufen, und die rufe ich dann an, wenn ich was haben will. Meistens treffen wir uns in einem deutschen Café oder dort am Strand. Gegen Sonnenuntergang kannst du hier fast jedes Wochenende Leute überwiegend aus Europa treffen, die auch was zu verkaufen haben. Die erkennt man. Sie tragen auffällig bunte Klamotten, haben oft eine selbst gemachte Trommel bei sich und auch etwas Schmuck, den sie den Touristen günstig anbieten. Sie sitzen zusammen und trommeln bis es dunkel ist, dann verstreuen sie sich. Geraucht wird aber meistens heimlich. Die Einheimischen hier stehen eher auf Ha-schisch. Da gibt's z. B. Shit in Eiform, in Zäpfchenform (lacht) — das hat dann irgendjemand aus Marokko ins Land geschmuggelt. Manchmal kommt es auch mit Booten vom afrikanischen Festland herüber. Dieser Stoff ist aber echt teuer, so um die 15 bis 20 Euro das Gramm. Leider sagt hier aber der Preis nichts über die Qualität aus. Und es gibt immer einen, der ganz viel hat, und dann die Leute, die das für ihn weiterverkaufen — die Einheimischen akzeptieren das manchmal sogar als Zahlungsmittel untereinander. Dabei ist der Shit aber meistens gestreckt. Sicher ist man hier nur, wenn man Gras kauft und direkt sieht, was man kriegt. Denn auch hier gibt es große Qualitätsunterschiede. Hier baut ja auch fast jeder an, der raucht. Die Bedingungen sind ideal, denn es herrscht das perfekte Wetter dafür! Man muss sich einfach nur um den Boden und die Bewässerung kümmern.
Ich habe gehört, dass auch Einheimische, die selber nicht rauchen, anbauen, um sich etwas dazuzuverdienen. Ist da was dran?
Neulich hatten wir mal einen Nichtraucher hier in der Gegend, der verkauft hat — das ist aber eher selten. Der hatte ganz schlechtes Gras für 2 Euro fünfzig das Gramm. Normalerweise rauchen die Einheimischen viel — das ist hier fast die Regel. Und zwar nicht nur für junge Leute. Das ist für die Spanier hier enorm wichtig. Ich glaube sogar, dass hier zurzeit mehr als in Deutschland geraucht wird. Du musst mal zum Sonntagsmarkt gehen, auf dem viel Selbstgebasteltes verkauft wird. Ab und zu schwebt da eine fette Wolke über den Ständen. Da wirst du schon breit, wenn du nur über den Markt schlenderst.
Das erinnert mich an die achtziger Jahre in Deutschland...
Mag sein, aber hier gibt's auch viel Koks und Heroin — das ist allerdings gar nicht mein Ding. Wenn du mal auf 'ne Party gehst, dann gibt's da immer alles: egal, ob nun MDMA, Koks, LSD oder Speed. Das ist schon ziemlich 'heavy' hier, in unserem Trabantendörfchen. Zudem halten sich auch hartnäckig diverse Gerüchte, dass man hier bei den Cops besonders gutes Zeug kriegt. Aber von denen kenn ich persönlich niemanden.
Von was für Cops wird da gemunkelt?
Ich denke, die Guardia Civil ist am meisten da drin verwickelt.
Komisch, davon habe ich auch schon mal gehört. Ist da wirklich was dran?
Klaro, tausendprozentig! Wenn die was brauchen, gehen sie runter zu den Stränden in die einzelnen Buchten und kontrollieren bestimmte Leute — meistens Hippies — und nehmen ihnen das Piece weg, um's selber zu konsumieren. Das habe ich schon gesehen. Selber kaufen können sich's die Cops ja schlecht. Und da ist dann nix mit Anzeige oder so — sie drohen einfach nur. Ansonsten passiert da nichts. Ist die volle Selbstbedienung. Das sind meist ganz junge Spanier, nicht besonders gebildet, so um die Anfang zwanzig. Sind meistens vom Festland auf eine der Inseln abkommandiert. Die empfinden das hier als Strafe, weil nichts los ist. Die können sich vielleicht aufspielen — schließlich laufen die hier mit Waffen rum! Prügel austeilen ist da nicht selten. Die kriegen dann voll ihren Ego-Push und gleichzeitig noch was zu rauchen, quasi als Belohnung. Und wenn sie schlecht drauf sind, kontrollieren sie sogar Autos, auch Touristen in ihren Mietwagen. Manchmal haben sie wohl auch ihre speziellen Dealer, die direkt aus Marokko kommen, um alles hier am Laufen zu halten.
Gibt es denn viele Hippies hier, die sie ausnehmen können?
Nee, diese Insel hier ist nicht so berühmt für ihre Hippies, aber es gibt auch hier ein paar. Die meisten sind jedoch über die ganzen anderen Inseln verstreut.
ist hier eigentlich eine bestimmte Menge erlaubt?
Das ist schon ein bisschen schwammig — angeblich ist der Besitz und der Konsum legal, aber nicht der Verkauf. In Madrid wird Cannabis noch mehr toleriert, da gibt's viele Head- & Grow-Shops... hanf anbauen
Ich habe hier neulich einen Hubschrauber gesehen, der die ganze Zeit über einer bestimmten Gegend in der Luft stand. Werden hier vielleicht Cannabis-Felder aus der Luft aufgespürt?
Ja, das gibt's, weil solche Mengen ganz sicher illegal sind — damit wollen sie die großen aufspüren. Aber oft gelingt das gar nicht, die finden nur ganz selten mal etwas. Ich glaube, das liegt daran, dass es hier eher viele kleine, gut versteckte Felder bzw. sogar nur einzelne, schwer zugängliche Pflanzen in der Wildnis zu finden gibt. Der Hubschrauber, den du neulich gesehen hast, hatte ein paar Leute aufgespürt, die sich dort in den Berghöhlen eingerichtet haben. Vagabundieren ist hier streng verboten. Ich kenne einen von denen. Er hat mir erzählt, dass die Guardia Civil erst versuchte, von unten an die Leute ranzukommen. Da sie aber wie immer so geschniegelt mit glänzenden schwarzen Schuhen und gestärktem Hemd unterwegs waren, kamen sie nicht weit, ohne sich einzusauen und hatten dann einen Hubschrauber angefordert — und bei dieser Gelegenheit dann gleich von oben die ganze Gegend abgesucht. Felder haben sie nicht gefunden. Sie nahmen die Personalien der Leute auf und kassierten ihr Gras ein, ließen dann aber alle laufen, bis auf einen. Den haben sie bis zur Fähre begleitet — der musste abreisen. Bereits am Abend hatten sich die anderen wieder in den Höhlen eingefunden. Wahrscheinlich haben sie nun wieder ca. einen Monat Ruhe. Wenn der Hubschrauber in der Luft steht — nimm die Beine in die Hand — heißt es hier oft!
Baut ihr eigentlich auch auf dem Fruchthof was an?
Ja, zumindest bis vorletztes Jahr, aber dann wurde es dem Grundstücksbesitzer zu heikel, und wir mussten die Pflanzen entfernen. Die haben wir dann untereinander aufgeteilt, keine Ahnung, wo die weitergewachsen sind.
Du sagtest, das Rauchen sei hier furchtbar wichtig für manche. Bedeutet das auch, dass man einem bestimmten Gruppenzwang unterliegt und in bestimmten Kreisen mitkiffen muss, um 'cool' zu sein?
Ja, ich glaube, das ist hier ganz ähnlich wie in den Großstädten. Gerade bei den jungen Leuten ist das oft ganz wichtig. Scheint sowas wie ein europäisches Verhalten zu sein — man gilt als Langweiler, wenn man nicht raucht. Damit wird schon auf dem Schulhof geprotzt. Ich selbst habe nur einmal mit Einheimischen etwas geraucht: Das war in Madrid und da hatten sie meistens Shit, weil sie das cooler fanden. Aber die fanden es auch cool, mit dem Handy in der Hand auf'm Mofa herumzufahren.
Und wie steht es dann hier auf der Insel mit der Aufklärung? Wird in Schulen auch über Cannabiskonsum oder Drogen überhaupt geredet?
Notwendig wäre es schon, gerade weil so viele Jugendliche das einfach nur machen, um cool zu sein. Oder weil viele deutsche Kids, die hier aufwachsen, das einfach von ihren Eltern übernommen haben, ohne es zu hinterfragen. Ich weiß jedenfalls nichts davon, dass das Thema hier im Unterricht behandelt wird, dafür kenne ich ein paar Deutsche, die hier mit ihren Kindern leben. Da wird zu Hause eigentlich nur darüber geredet, dass man sich nicht erwischen lassen soll. Wie das in spanischen Haushalten ist, weiß ich nicht. Deutsche Kinder sind meistens nicht mit spanischen Mitschülern befreundet.
Apropos 'erwischen lassen' — wie scharf sind eigentlich die Kontrollen hier am Flughafen?
Genauso wie in Deutschland auch. Mal kontrollieren sie, mal nicht. Ist das volle Glücksspiel. Ich hab schon ein paar Mal etwas in meiner Hosentasche von Deutschland mitgenommen.
Wie groß sind denn die Qualitätsunterschiede hier? Wird viel Gift gesprüht und gedüngt oder gibt es auch Bio-Gras?
Die Leute, die hierher ausgewandert sind — die sogenannten 'Residents' — sind schon ein ganz spezielles Klientel. Man muss ganz klar sehen, dass die schon ein ganz spezielles Völkchen sind — nicht grade der Erfolgsdurchschnitt von Deutschland. Das sind eher überwiegend Hippies, Ausgestiegene und Abgedrehte — und die haben natürlich auch das bessere Gras. Du erkennst es schon alleine daran, wie gut es riecht! Die Preise dafür liegen so zwischen 7 und 15 Euro. Es gibt aber auch richtig schlechtes Gras für 5 Euro. Das ist dann wie Laternenpfahl ganz unten: Man sieht, dass die Spitzen der Blüten rausgeknipst sind und man hat viele Äste drin. Mal gibt's mehr, mal weniger. Wir hatten jetzt über Weihnachten eine echte Ebbe — das ist woanders aber auch ein bekanntes Phänomen. Jeder wartete dringend auf die neue Ernte! Und plötzlich gab es nur noch dieses miese Gras. Ich möchte nicht wissen, wo die das ausgegraben haben.
Wo kommen denn die Samen her? Oder sind das immer wieder dieselben Pflanzen? Mutiert hier vielleicht eine ganz eigene Züchtung herum? Klein, widerstandsfähig, superpotent — da käme ich glatt ins Schwärmen...
Nein, leider nicht. Vielleicht gibt es ja irgendwo ein paar wilde Pflanzen, an die man nicht herankommt und die sich ganz natürlich fortpflanzen. Aber wie schon gesagt, gibt es hier auf den größeren Inseln auch ein paar Grow-shops, von denen sind die meisten Samen, oder Leute bringen sie direkt aus Holland mit. Ich denke, hier gibt es eine Menge Hollandware. Auch aus dem Katalog.
Und gar kein afrikanisches Gras? Nein, das ist mir nicht bekannt.
Wie ist denn das hier mit der Erntezeit? Kann man öfters im Jahr ernten? Wir haben gerade Anfang Februar und das milde Klima von 20-25 Grad ist ja schon fast wie ein guter deutscher Sommertag.
Also im Schnitt kann man hier alle drei Monate ernten. Das habe ich immer wieder erlebt. Von den Bedingungen her wächst Cannabis hier eigentlich immer. Es gibt natürlich ein paar Unterschiede, wenn man über die Sommermonate anpflanzt — mit der Zeit werden die Pflanzen immer größer und haben dann mehr Blüten. Und die Blätter werden dunkler und etwas härter — alleine von den Lichtstunden her, denn die Sonne knallt hier schon recht lange und erbarmungslos herunter. Im Winter werden sie oft klein und saubuschig — prall, aber total minimal.
Gibt es etwas, das du an der heutigen Cannabis-Situation, an den Gesetzen oder an der Anbausituation verändern würdest?
Legalize it! Nee, Moment mal, eigentlich würde ich gar nichts verändern, ich würde es auch nicht legalisieren. Sonst wäre das Kraut nämlich viel mehr kontrolliert und voll teuer, weil sich der Staat sagt: "Oh lecker, da verdiene ich jetzt ordentlich mit dran!" Aber was man tatsächlich verändern sollte, wäre: Die Cops abschaffen! Ihnen ganz andere Aufgaben geben. Die könnten in Zukunft hier die Strände saubermachen! Kriegen sie einen Piekser in die Hand, können sich nützlich machen und sind dann sogar noch irgendwie Helden. Und wir hätten unsere Ruhe!
Wie ich hörte, lebst du nun schon seit ein paar Jahren auf dieser wunderschönen Insel — was genau machst du eigentlich hier?
Ja, hier ist es echt schön, was? Ich bin jetzt seit über drei Jahren hier und arbeite auf einem Hochplateau in einem Fruchtgarten. Ich wälze Kompost, ernte Früchte und Gemüse und packe ab für unseren Verkaufsstand auf dem regionalen Markt.
Dann kennst du dich also gut mit dem Anbau von Pflanzen aus? Hast du vielleicht sogar irgendwo ein paar eigene Cannabispflanzen herumzustehen?
(Mick lacht) Ja, klar. Die letzten Jahre schon. Wir haben ja hier ein sehr niederschlagsarmes und mildes Klima. Aber nachdem es hier in dieser Gegend fast zwei Jahre gar nicht geregnet hat, haben letztes Jahr heftige Regenfälle die ganze Anbausituation bei mir verändert. Dabei ist eine ganze Menge Erde weggespült worden und das Wasser war verkeimt. Ich warte jetzt noch eine Weile, bis alles wieder abgetrocknet ist, und dann muss ich das Feld mit größeren Steinen gegen einen erneuten Erdrutsch absichern. Bis dahin kaufe ich eben von anderen.
Hast du eine gute Connection auf der Insel?
Klar, schließlich kommt der ganze Shit von Marokko durch Spanien nach Europa. Das ist quasi das Tor nach Europa.
Ich wollt eher wissen, wie das hier konkret abläuft, wenn man mal etwas Cannabis kaufen will — gibt es z. B. bestimmte Treffpunkte oder spezielle Wochentage?
Ach so — also, ich bin da nicht so tief in den Verkauf verwickelt. Ich kenne gewisse deutsche Leute, die regelmäßig gutes Gras verkaufen, und die rufe ich dann an, wenn ich was haben will. Meistens treffen wir uns in einem deutschen Café oder dort am Strand. Gegen Sonnenuntergang kannst du hier fast jedes Wochenende Leute überwiegend aus Europa treffen, die auch was zu verkaufen haben. Die erkennt man. Sie tragen auffällig bunte Klamotten, haben oft eine selbst gemachte Trommel bei sich und auch etwas Schmuck, den sie den Touristen günstig anbieten. Sie sitzen zusammen und trommeln bis es dunkel ist, dann verstreuen sie sich. Geraucht wird aber meistens heimlich. Die Einheimischen hier stehen eher auf Ha-schisch. Da gibt's z. B. Shit in Eiform, in Zäpfchenform (lacht) — das hat dann irgendjemand aus Marokko ins Land geschmuggelt. Manchmal kommt es auch mit Booten vom afrikanischen Festland herüber. Dieser Stoff ist aber echt teuer, so um die 15 bis 20 Euro das Gramm. Leider sagt hier aber der Preis nichts über die Qualität aus. Und es gibt immer einen, der ganz viel hat, und dann die Leute, die das für ihn weiterverkaufen — die Einheimischen akzeptieren das manchmal sogar als Zahlungsmittel untereinander. Dabei ist der Shit aber meistens gestreckt. Sicher ist man hier nur, wenn man Gras kauft und direkt sieht, was man kriegt. Denn auch hier gibt es große Qualitätsunterschiede. Hier baut ja auch fast jeder an, der raucht. Die Bedingungen sind ideal, denn es herrscht das perfekte Wetter dafür! Man muss sich einfach nur um den Boden und die Bewässerung kümmern.
Ich habe gehört, dass auch Einheimische, die selber nicht rauchen, anbauen, um sich etwas dazuzuverdienen. Ist da was dran?
Neulich hatten wir mal einen Nichtraucher hier in der Gegend, der verkauft hat — das ist aber eher selten. Der hatte ganz schlechtes Gras für 2 Euro fünfzig das Gramm. Normalerweise rauchen die Einheimischen viel — das ist hier fast die Regel. Und zwar nicht nur für junge Leute. Das ist für die Spanier hier enorm wichtig. Ich glaube sogar, dass hier zurzeit mehr als in Deutschland geraucht wird. Du musst mal zum Sonntagsmarkt gehen, auf dem viel Selbstgebasteltes verkauft wird. Ab und zu schwebt da eine fette Wolke über den Ständen. Da wirst du schon breit, wenn du nur über den Markt schlenderst.
Das erinnert mich an die achtziger Jahre in Deutschland...
Mag sein, aber hier gibt's auch viel Koks und Heroin — das ist allerdings gar nicht mein Ding. Wenn du mal auf 'ne Party gehst, dann gibt's da immer alles: egal, ob nun MDMA, Koks, LSD oder Speed. Das ist schon ziemlich 'heavy' hier, in unserem Trabantendörfchen. Zudem halten sich auch hartnäckig diverse Gerüchte, dass man hier bei den Cops besonders gutes Zeug kriegt. Aber von denen kenn ich persönlich niemanden.
Von was für Cops wird da gemunkelt?
Ich denke, die Guardia Civil ist am meisten da drin verwickelt.
Komisch, davon habe ich auch schon mal gehört. Ist da wirklich was dran?
Klaro, tausendprozentig! Wenn die was brauchen, gehen sie runter zu den Stränden in die einzelnen Buchten und kontrollieren bestimmte Leute — meistens Hippies — und nehmen ihnen das Piece weg, um's selber zu konsumieren. Das habe ich schon gesehen. Selber kaufen können sich's die Cops ja schlecht. Und da ist dann nix mit Anzeige oder so — sie drohen einfach nur. Ansonsten passiert da nichts. Ist die volle Selbstbedienung. Das sind meist ganz junge Spanier, nicht besonders gebildet, so um die Anfang zwanzig. Sind meistens vom Festland auf eine der Inseln abkommandiert. Die empfinden das hier als Strafe, weil nichts los ist. Die können sich vielleicht aufspielen — schließlich laufen die hier mit Waffen rum! Prügel austeilen ist da nicht selten. Die kriegen dann voll ihren Ego-Push und gleichzeitig noch was zu rauchen, quasi als Belohnung. Und wenn sie schlecht drauf sind, kontrollieren sie sogar Autos, auch Touristen in ihren Mietwagen. Manchmal haben sie wohl auch ihre speziellen Dealer, die direkt aus Marokko kommen, um alles hier am Laufen zu halten.
Gibt es denn viele Hippies hier, die sie ausnehmen können?
Nee, diese Insel hier ist nicht so berühmt für ihre Hippies, aber es gibt auch hier ein paar. Die meisten sind jedoch über die ganzen anderen Inseln verstreut.
ist hier eigentlich eine bestimmte Menge erlaubt?
Das ist schon ein bisschen schwammig — angeblich ist der Besitz und der Konsum legal, aber nicht der Verkauf. In Madrid wird Cannabis noch mehr toleriert, da gibt's viele Head- & Grow-Shops... hanf anbauen
Ich habe hier neulich einen Hubschrauber gesehen, der die ganze Zeit über einer bestimmten Gegend in der Luft stand. Werden hier vielleicht Cannabis-Felder aus der Luft aufgespürt?
Ja, das gibt's, weil solche Mengen ganz sicher illegal sind — damit wollen sie die großen aufspüren. Aber oft gelingt das gar nicht, die finden nur ganz selten mal etwas. Ich glaube, das liegt daran, dass es hier eher viele kleine, gut versteckte Felder bzw. sogar nur einzelne, schwer zugängliche Pflanzen in der Wildnis zu finden gibt. Der Hubschrauber, den du neulich gesehen hast, hatte ein paar Leute aufgespürt, die sich dort in den Berghöhlen eingerichtet haben. Vagabundieren ist hier streng verboten. Ich kenne einen von denen. Er hat mir erzählt, dass die Guardia Civil erst versuchte, von unten an die Leute ranzukommen. Da sie aber wie immer so geschniegelt mit glänzenden schwarzen Schuhen und gestärktem Hemd unterwegs waren, kamen sie nicht weit, ohne sich einzusauen und hatten dann einen Hubschrauber angefordert — und bei dieser Gelegenheit dann gleich von oben die ganze Gegend abgesucht. Felder haben sie nicht gefunden. Sie nahmen die Personalien der Leute auf und kassierten ihr Gras ein, ließen dann aber alle laufen, bis auf einen. Den haben sie bis zur Fähre begleitet — der musste abreisen. Bereits am Abend hatten sich die anderen wieder in den Höhlen eingefunden. Wahrscheinlich haben sie nun wieder ca. einen Monat Ruhe. Wenn der Hubschrauber in der Luft steht — nimm die Beine in die Hand — heißt es hier oft!
Baut ihr eigentlich auch auf dem Fruchthof was an?
Ja, zumindest bis vorletztes Jahr, aber dann wurde es dem Grundstücksbesitzer zu heikel, und wir mussten die Pflanzen entfernen. Die haben wir dann untereinander aufgeteilt, keine Ahnung, wo die weitergewachsen sind.
Du sagtest, das Rauchen sei hier furchtbar wichtig für manche. Bedeutet das auch, dass man einem bestimmten Gruppenzwang unterliegt und in bestimmten Kreisen mitkiffen muss, um 'cool' zu sein?
Ja, ich glaube, das ist hier ganz ähnlich wie in den Großstädten. Gerade bei den jungen Leuten ist das oft ganz wichtig. Scheint sowas wie ein europäisches Verhalten zu sein — man gilt als Langweiler, wenn man nicht raucht. Damit wird schon auf dem Schulhof geprotzt. Ich selbst habe nur einmal mit Einheimischen etwas geraucht: Das war in Madrid und da hatten sie meistens Shit, weil sie das cooler fanden. Aber die fanden es auch cool, mit dem Handy in der Hand auf'm Mofa herumzufahren.
Und wie steht es dann hier auf der Insel mit der Aufklärung? Wird in Schulen auch über Cannabiskonsum oder Drogen überhaupt geredet?
Notwendig wäre es schon, gerade weil so viele Jugendliche das einfach nur machen, um cool zu sein. Oder weil viele deutsche Kids, die hier aufwachsen, das einfach von ihren Eltern übernommen haben, ohne es zu hinterfragen. Ich weiß jedenfalls nichts davon, dass das Thema hier im Unterricht behandelt wird, dafür kenne ich ein paar Deutsche, die hier mit ihren Kindern leben. Da wird zu Hause eigentlich nur darüber geredet, dass man sich nicht erwischen lassen soll. Wie das in spanischen Haushalten ist, weiß ich nicht. Deutsche Kinder sind meistens nicht mit spanischen Mitschülern befreundet.
Apropos 'erwischen lassen' — wie scharf sind eigentlich die Kontrollen hier am Flughafen?
Genauso wie in Deutschland auch. Mal kontrollieren sie, mal nicht. Ist das volle Glücksspiel. Ich hab schon ein paar Mal etwas in meiner Hosentasche von Deutschland mitgenommen.
Wie groß sind denn die Qualitätsunterschiede hier? Wird viel Gift gesprüht und gedüngt oder gibt es auch Bio-Gras?
Die Leute, die hierher ausgewandert sind — die sogenannten 'Residents' — sind schon ein ganz spezielles Klientel. Man muss ganz klar sehen, dass die schon ein ganz spezielles Völkchen sind — nicht grade der Erfolgsdurchschnitt von Deutschland. Das sind eher überwiegend Hippies, Ausgestiegene und Abgedrehte — und die haben natürlich auch das bessere Gras. Du erkennst es schon alleine daran, wie gut es riecht! Die Preise dafür liegen so zwischen 7 und 15 Euro. Es gibt aber auch richtig schlechtes Gras für 5 Euro. Das ist dann wie Laternenpfahl ganz unten: Man sieht, dass die Spitzen der Blüten rausgeknipst sind und man hat viele Äste drin. Mal gibt's mehr, mal weniger. Wir hatten jetzt über Weihnachten eine echte Ebbe — das ist woanders aber auch ein bekanntes Phänomen. Jeder wartete dringend auf die neue Ernte! Und plötzlich gab es nur noch dieses miese Gras. Ich möchte nicht wissen, wo die das ausgegraben haben.
Wo kommen denn die Samen her? Oder sind das immer wieder dieselben Pflanzen? Mutiert hier vielleicht eine ganz eigene Züchtung herum? Klein, widerstandsfähig, superpotent — da käme ich glatt ins Schwärmen...
Nein, leider nicht. Vielleicht gibt es ja irgendwo ein paar wilde Pflanzen, an die man nicht herankommt und die sich ganz natürlich fortpflanzen. Aber wie schon gesagt, gibt es hier auf den größeren Inseln auch ein paar Grow-shops, von denen sind die meisten Samen, oder Leute bringen sie direkt aus Holland mit. Ich denke, hier gibt es eine Menge Hollandware. Auch aus dem Katalog.
Und gar kein afrikanisches Gras? Nein, das ist mir nicht bekannt.
Wie ist denn das hier mit der Erntezeit? Kann man öfters im Jahr ernten? Wir haben gerade Anfang Februar und das milde Klima von 20-25 Grad ist ja schon fast wie ein guter deutscher Sommertag.
Also im Schnitt kann man hier alle drei Monate ernten. Das habe ich immer wieder erlebt. Von den Bedingungen her wächst Cannabis hier eigentlich immer. Es gibt natürlich ein paar Unterschiede, wenn man über die Sommermonate anpflanzt — mit der Zeit werden die Pflanzen immer größer und haben dann mehr Blüten. Und die Blätter werden dunkler und etwas härter — alleine von den Lichtstunden her, denn die Sonne knallt hier schon recht lange und erbarmungslos herunter. Im Winter werden sie oft klein und saubuschig — prall, aber total minimal.
Gibt es etwas, das du an der heutigen Cannabis-Situation, an den Gesetzen oder an der Anbausituation verändern würdest?
Legalize it! Nee, Moment mal, eigentlich würde ich gar nichts verändern, ich würde es auch nicht legalisieren. Sonst wäre das Kraut nämlich viel mehr kontrolliert und voll teuer, weil sich der Staat sagt: "Oh lecker, da verdiene ich jetzt ordentlich mit dran!" Aber was man tatsächlich verändern sollte, wäre: Die Cops abschaffen! Ihnen ganz andere Aufgaben geben. Die könnten in Zukunft hier die Strände saubermachen! Kriegen sie einen Piekser in die Hand, können sich nützlich machen und sind dann sogar noch irgendwie Helden. Und wir hätten unsere Ruhe!